Nergis Usta

Wenn man die sechsjährige Nergis gefragt hat, was sie einmal werden möchte, kam die Antwort ohne zu zögern: Kriegsreporterin!

Der Wendepunkt kam mit zehn, als sie für die Schule ein Theaterstück schrieb. Als ihre Lehrerin fragte, ob sie bereits ein Team hätte, war für Nergis die Sache klar: Brauche ich nicht, ich mache das alles selbst! Doch nach vielen Diskussionen ließ sie sich schließlich darauf ein – und plötzlich passierte es.

Ihre Geschichte bekam Gesichter, Stimmen. Energie lag in der Luft, vibrierte, wirbelte. Der Funke sprang über – und von da an gab es kein Zurück mehr. In diesem Moment wusste Nergis mit absoluter Sicherheit: Sie muss nicht in Kriegsgebiete reisen, um Emotionen greifbar zu machen.

Nergis findet ihre Geschichten zwischen den Zeilen, in Zeitungsartikeln und ihre Inspiration im wahren Leben. Sie ist intuitiv, empathisch – ihre Antennen nehmen jede emotionale Schwingung ihres Gegenübers wahr. Was manchmal auch ziemlich anstrengend sein kann. Ob das ein Fluch, ein Talent oder eine Notwendigkeit ist? Wer weiß. Als Regisseurin und Drehbuchautorin profitiert sie enorm davon – und lebt in ihren Geschichten auf.

Und übrigens: Dieses „Machen“ ist ihr bis heute geblieben. Sie ist eine Macherin – aber jetzt mit einem Team. Ihr Debütfilm Liebe Mich entstand ohne externe Finanzierung, in nur 21 Tagen. Wer mit ihr arbeitet, spürt: Diese Frau brennt für das, was sie tut. Denn Regie ist für Nergis kein Job – es ist das Blut, das durch ihre Adern fließt.

Nergis lebt mit ihrem Mann und ihren Zwillingstöchtern in Berlin – und hasst es, wenn Pullover beim Waschen eingehen.

© Foto: Myrko Thum